Neuer Rekord bei Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien
Es gibt kein falsches Wetter, sagt der Volksmund. Ideales Wetter gibt es hingegen schon, vor allem in der Erneuerbaren Energien-Branche: Das teils sehr stürmische, teils sehr sonnige Wetter in den ersten Monaten des Jahres sorgte für ein neues Hoch bei der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien-Anlagen, speziell der Windkraft.
von Veronika Hackl | Lesezeit: 4 Minuten
Vorläufige Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zeigen, dass im ersten Quartal rund 74,5 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt wurden. Das sind fast 25 Prozent mehr als im Vorjahr.
Insbesondere der Januar und der Februar ließen die Turbinen der Windräder auf Hochtouren laufen: Das stürmische Wetter im Februar sorgte mit 20,6 Mrd. kWh für einen neuen Rekordmonat in der Stromerzeugung aus Windenergie. Diese Spitzenleistung spiegelt sich auch beim Stromverbrauch wider: Im Januar und Februar deckten Erneuerbare Energien insgesamt 54 Prozent des Stromverbrauchs. Die Aussichten für März sind ebenso heiter: Der Frühlingsmonat wies für diese Jahreszeit überdurchschnittlich viele Sonnenstunden auf.*
Energieerzeugung nach Energieart
39.4
Mrd. kWh
Wind onshore
13.2
Mrd. kWh
Biomasse
7.5
Mrd. kWh
Wind offshore
9.6
Mrd. kWh
Photovoltaik
4.6
Mrd. kWh
Wasserkraft
74.5
Mrd. kWh
Insgesamt
Zahlen Q1 2022, Quelle: BDEW
Ausbau der Erneuerbaren verläuft viel zu langsam
Dennoch: Eine Schönwetterlage macht noch keinen Sommer. Das Potenzial der Erneuerbaren Energien ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Ihr Ausbau stockt. Das betont auch Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung:
“Der hohe Erneuerbaren-Anteil in den ersten Monaten dieses Jahres darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Ausbau der Erneuerbaren viel zu langsam verläuft.”
Neben dem Klimaschutz spielt auch die Unabhängigkeit von Importen fossiler Energieträger eine wichtige Rolle, die Maßnahmen dringlicher denn je machen. Andreae weiter: „Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Sorgen um die Energieversorgung in Europa führen uns eindringlich vor Augen, wie wichtig es ist, schnell unabhängig von fossilen Energieträgern und damit auch russischen Importen zu werden.“
Die Bundesregierung will bis 2045 die Klimaneutralität für Deutschland. Dazu soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien bis 2030 enorm erhöht werden: Die Zielmenge für Windenergie (onshore) beträgt 71 Gigawatt (GW) installierte Leistung (Stand 2020 54,5 GW). Bei Solarenergie soll die installierte Leistung um weitere rund 140 GW auf rund 200 GW steigen. Die Zubaugeschwindigkeit für Wind müsste demzufolge verdoppelt, die für Solar sogar Verdrei- und Vierfacht werden. Die Ziele werden verfehlt, wenn das Tempo nicht deutlich erhöht wird. Im Gegensatz zur unsicheren Wettervorhersage ist das einfache Mathematik.
Ursachen für die Verzögerungen beim Ausbau
Viele Projekte scheitern aufgrund der langen Planungs- und Genehmigungsverfahren. Auf dem bürokratischen Langstreckenlauf geht ihnen wortwörtlich die Luft aus und sie werden nie realisiert.
Laut dem Bundesverband für Windenergie dauern die Planungs- und Genehmigungsverfahren durchschnittlich vier bis fünf Jahre.
Zwar hat die Bundesregierung für das Problem des Flächenmangels bereits Maßnahmen angekündigt. Zwei Prozent der Fläche in Deutschland sollen für Windenergieanlagen genutzt werden. Ob darauf tatsächlich einmal Windräder stehen, ist bei den schwerfälligen Prozessen fraglich. Andreae fordert ebenfalls Nachbesserungen in der Umsetzung der angekündigten Maßnahmen: „Es ist gut, dass die Bundesregierung angekündigt hat, zwei Prozent der Flächen in Deutschland für die Erzeugung von Windenergie bereitzustellen. Es muss aber auch sichergestellt werden, dass auf diesen Flächen tatsächlich Windräder entstehen. Viel zu häufig scheitern Projekte im Laufe des Zulassungsverfahrens.“
* Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch für das erste Quartal 2022 lässt sich erst zu einem späteren Zeitpunkt bestimmen.
Quellen
BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V., Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Bundesverband WindEnergie, tagesschau.de, deutschlandfunk.de
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